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Rollenverständnis: Definition und Bedeutung
Ein gutes Rollenverständnis im Job zu haben bedeutet, dass dir deine beruflichen Aufgaben und Verantwortlichkeiten bewusst und klar sind, und du ein ebenso klares Verständnis der Aufgaben und Verantwortlichkeiten deiner Kolleg*innen, Mitarbeiter*innen und Vorgesetzten hast.
Doch deine persönliche Rollenklarheit ist erst dadurch wertvoll und wirksam, wenn sie auf einem gemeinsamen Rollenverständnis deines Teams, deiner Kolleg*innen oder Kooperationspartner*innen basiert. Wenn ihr ein gemeinsames Verständnis eurer jeweiligen Rollen habt und auf dieser Basis zusammenarbeitet.
Ein gemeinsames Rollenverständnis unterstützt eine effiziente und konstruktive Zusammenarbeit und hilft, Herausforderungen und Konflikte lösungsorientiert anzugehen.
Ein fehlendes gemeinsames Rollenverständnis kann zu Unzufriedenheit im Job führen und zu schwer lösbaren Konflikten führen, weil sie auf einem sehr unterschiedlichen Verständnis von Aufgaben und Verantwortlichkeiten basieren. Die/der Vorgesetzte ist frustriert, weil die Mitarbeiter*innen nicht das liefern, was sie/er von ihnen erwartet. Die Mitarbeiter*innen sind unzufrieden, weil ihre Leistung nicht so gewürdigt und anerkannt wird, wie sie es sich erhoffen. Oder sie sind verunsichert, weil sie immer wieder Aufgaben übernehmen sollen, für die sie sich nicht verantwortlich fühlen oder jemand anders das macht, was sie für ihre Aufgabe gehalten haben.
Häufig höre ich an dieser Stelle die Frage: Ja, aber gibt es nicht genau deswegen Stellenbeschreibungen oder Jobprofile, die Verantwortlichkeiten und Aufgaben klar zuweisen?
Rollen vs. Stellen: Wieso es Sinn macht, diese zu unterscheiden
Es lohnt sich, zwischen Rollen und Stellen, Rollenbeschreibungen und Stellenbeschreibungen zu unterscheiden. Sie können nebeneinander bestehen – oder es kann auf die Definition von Stellen verzichtet werden, weil die größere Flexibilität von Rollen der beruflichen Realität besser gerecht wird.
Im Job – und auch in allen anderen Lebensbereichen wie Familie, Freundeskreis, Verein etc. – übernehmen wir Rollen. Und oft sogar verschiedene Rollen in verschiedenen Situationen, je nach Bedarf und passend zu unserer Zeit, Energie und unserem Interesse.
Rollen sind also in sozialen Kontexten normal und sie sind flexibel. Im beruflichen Kontext bedeutet dies, das Rollen sehr gut geeignet sind, um sich an veränderte Anforderungen anzupassen. Die meisten von uns arbeiten in Jobs und Umfeldern, in denen immer neue Anforderungen und schnelle Veränderungen die Realität sind. Eine hohe Anpassungsfähigkeit der Teams und jedes Einzelnen in Bezug auf Aufgabenverteilung und Verantwortungsübernahme sowie verschiedene Arten der Zusammenarbeit sind dafür wichtig.
Niemand kommt auf die Idee, oder wäre in der Lage, hierfür jedesmal die Stellenprofile zu überarbeiten – oder? Obwohl die, die es gibt, vermutlich sehr schnell veraltet sind.
Denn Stellen sind meist starre Konzepte mit festen Aufgabenpaketen, die durch die Stellenbesetzung an bestimmte Personen gebunden werden.
Welche Vorteile bieten berufliche Rollen?
Rollendefinition im beruflichen Kontext bedeutet, die im Team bereits vorhandenen, besetzten und ausgeübten beruflichen Rollen explizit zu machen und gemeinsam Rolleninhalte zu definieren. Mit dem Ziel, geteilte Klarheit und Transparenz zu schaffen und die aktuellen Aufgaben und Verantwortungen so zu bündeln, dass die Kommunikation und Ausführung in einer bestimmten Situation erleichtert wird.
Rollen sind unabhängig von bestimmten Personen, die sie ausführen. Gleichzeitig erleichtern sie die Zuordnung und Förderung geeigneter Stärken und Fähigkeiten.
Rollen können beständig sein und im Team in längerfristigen Projekten dauerhaft bestehen. Oder sie können flexibel für bestimmte Präsentationen oder Meetings entwickelt und besetzt werden. Eine Rolle kann in bestimmten Situationen besondere Bedeutung bekommen und viel Kapazität erfordern und zu anderen Zeiten nur wenig.
Ein geteiltes Rollenverständnis kann die Zusammenarbeit und die Kommunikation im Team erleichtern, für den Einzelnen Klarheit und Reflexionsmöglichkeiten über die eigenen Aufgaben und Leistungen bringen und es kann helfen, vorhandene Stärken gezielt einzusetzen und neue zu entwickeln.
Rollenverständnis entwickeln, Rollenklarheit fördern und Rollen flexibel nutzen: 3 Übungen, mit denen dies gelingt
Die folgenden 3 Übungen und Fragensets eignen sich sowohl für die Durchführung im Team als auch für deine individuelle berufliche Weiterentwicklung. Sie können also von dir als Führungskraft eingesetzt werden oder von dir als Berufstätige*r unabhängig von deiner Position und deinem Job. Sie werden in jedem Fall auf dein berufliches Selbstverständnis und auf deine Zusammenarbeit, mit Kolleg*innen und anderen beruflichen Kooperationspartner*innen wirken.
1. Teamrollen definieren: die Schritte zu mehr Rollenklarheit
Wenn mehrere Personen dauerhaft oder regelmäßig an gemeinsamen Aufgaben und Projekten arbeiten, dann lohnt es sich, die Teamrollen, die sich aus der Zusammenarbeit ergeben, aber selten bewusst sind, gemeinsam herauszuarbeiten und zu schärfen. So entsteht ein neues Rollenverständnis und Rollenbewusstsein. Und es ergeben sich neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit im Team und der Teamentwicklung.
Die folgenden Arbeitsschritte und Fragen eignen sich für ein kleinen oder größeren Team-Workshop. Du kannst sie aber auch für dich alleine nutzen, um dir damit die Rollen in deinem Team oder die verschiedenen Rollen in deiner Selbständigkeit bewusst zu machen.
1. Sammelt / sammle alle Aufgaben und Tätigkeiten des Teams
Welche Aufgaben und Tätigkeiten kommen in unserem Team immer wieder vor?
Welche Aufgaben und Tätigkeiten sind wichtig, damit wir im Team gut zusammenarbeiten können?
2. Sortiert / sortiere die Aufgaben und Tätigkeiten in passende Cluster
(Dieser Schritt kann übersprungen werden, wenn es nur wenige Aufgaben und Tätigkeiten gibt.) Welche Aufgaben und Tätigkeiten gehören inhaltlich zusammen?
Weil sie in direktem Zusammenhang durchgeführt werden können oder müssen? Weil sie die gleichen Stärken und Fähigkeiten erfordern?
3. Fasst / fasse die Cluster in „Rollen“ zusammen.
Welche Cluster aus Aufgaben und Tätigkeiten haben eine gemeinsame Bedeutung für das Team? Und können sie dadurch eine gemeinsame Überschrift, einen Namen bekommen, der sie charakterisiert und ihre Bedeutung deutlich macht?
4. Jede Rolle bekommt nun folgende Bestandteile:
a. Alle Aufgaben und Tätigkeiten aus den zusammengefassten Clustern
b. Kurze Beschreibung der Bedeutung der Rolle für das Team
c. Name der Rolle zur Wiedererkennbarkeit.
5. Reflektiert / reflektiere die aktuell und zukünftige Rollenverteilung bzw. Rollenübernahmen im Team?
Wer übernimmt aktuell welche Rollen? In welchen Situationen?
Welche Stärken kommen dabei zum Einsatz? Welche Stärken werden dabei deutlich?
Welche Präferenzen gibt es im Team? Welche Rollenverteilung käme dem entgegen?
Welche Entwicklungsmöglichkeiten stecken in den Rollen? Für einzelne Kolleg*innen? Für das ganze Team?
Teamrollen und auch die Rollenverteilung ändern sich. Daher lohnt es sich, immer wieder mit diesen Fragen und den Ergebnissen der letzten Reflexion einen Blick auf das aktuelle Bild zu werfen. Folgende Fragen können zusätzlich dabei helfen, das Rollenverständnis zu aktualisieren und in der Kommunikation im Team zu nutzen:
- Wie fügen sich neue Aufgaben in die Rollen ein?
- Welche Rollen sind gerade besonders wichtig und benötigen mehr Kapazität, müssen ggf. von mehreren Kolleg*innen besetzt werden?
- Welche Erfordernisse stellt die aktuelle personelle Situation an die Besetzung der Rollen?
- Welche Stärken und Fähigkeiten wollen wir im Team entwickeln, um die notwendigen Rollen noch besser zu besetzen? Was brauchen wir dazu?
Die Definition von Teamrollen kann der eigenen Rollenklarheit dienen oder die Arbeit und Kommunikation im ganzen Team dynamisch strukturieren. Egal wie du oder ihr es einsetzt: Die intensive Auseinandersetzung mit den verschiedenen Rollen im Team wird neue Impulse für eure Zusammenarbeit bringen.
Wenn du selbstständig bist, kann die Auseinandersetzung mit deinen verschiedenen beruflichen Rollen dich dabei unterstützen, die Bedeutung der verschiedenen Rollen, ihre Balance und den Zusammenhang mit deinen Vorlieben und Fähigkeiten zu reflektieren. Und dich auf neue Ideen bringen, wie du dich und dein Business weiterentwickeln möchtest, durch Fortbildung, Kooperationen oder Mitarbeiter*innen.
2. Rollen kreativ nutzen: für mehr Verständnis und Flexibilität
Es gibt verschiedene „Rollenmodelle“, die unterschiedliche Rollen beschreiben, die es typischerweise in Teams gibt bzw. die idealerweise alle in einem Team vorhanden sind, damit alle Funktionen besetzt, konstruktiv zusammengearbeitet und eine Entwicklung stattfinden kann.
Diese „Modelle“ lassen sich analytisch nutzen, z.B. um herauszufinden, ob alle Rollen im Team besetzt sind und welche Mitarbeiter*innen für welche Rollen besonders geeignet sind.
Oder sie lassen sich kreativ nutzen, mit einem doppelten Zweck:
1. Das Verständnis für die verschiedenen Rollen und ihrer jeweiligen Bedeutung wird thematisiert und gefördert.
2. Die vielfältigen Fähigkeiten der Mitarbeiter*innen werden herausgefordert und entwickelt und dadurch auch Rollenflexibilität erzeugt.
Dies möchte ich dir hier am Beispiel des 4-Player-Models von David Kantor zeigen. Aber es lässt sich ebenso auf das Teamrollen-Modell nach Meredith Belbin oder auf die zuvor beschriebenen Teamrollen übertragen.
Du kannst dies als Führungskraft mit deinem Team anwenden oder für dich selbst ausprobieren. In jedem Fall entsteht ein neues Rollenbewusstsein und vielleicht auch Spaß am Ausprobieren verschiedener Rollen.
1. Mach(t) euch die verschiedenen Rollen und ihre Bedeutung bewusst.
Im Team darf dies gerne eine kurze, knackige ‚Wissensportion‘ sein, ohne zu sehr in die Tiefe und ins Detail zu gehen. Auch deshalb mag ich hierfür das 4-Player-Model, weil es schnell und einfach zu erfassen ist:
Mover: Ist die treibende Kraft und der Ideengeber. Ohne den Mover gibt es keine klare Richtung.
Follower: Unterstützt und sorgt für die Vervollständigung der Ideen. Ohne den Follower gibt es keine Umsetzung.
Opposer: Kritisiert, fordert heraus und zeigt Alternativen auf. Ohne den Opposer gibt es keine Korrekturen und dadurch ein hohes Risiko.
Observer: Beobachtet und stellt Fragen. Ohne Observer gibt es keine Reflexion und langfristige gezielte Weiterentwicklung.
2. Optional: Reflektiert / reflektiere, die typische Rollenverteilung.
Wer nimmt normalerweise im Team welche Rolle ein?
In welchen Situationen?
Bei welchen Themen?
3. Im Team / als Führungskraft: Verteile für einen konkreten Anlass (z.B. ein Meeting, eine Diskussion, ein Projekt) bestimmte Rollen an bestimmte Kolleg*innen – die diese sonst nicht selbstverständlich einnehmen würden
Für dich: Entscheide dich für einen konkreten Anlass (z.B. ein Meeting, eine Diskussion, ein Projekt) für eine bestimmte Rolle – die du sonst nicht selbstverständlich einnehmen würdest.
4. Reflektiert / reflektiere die Wirkungen
Wie hat sich / haben sich die Rollen angefühlt?
Was war einfach oder schwierig daran, die Rolle auszuführen / auszufüllen?
Was haben sich daraus für neue Sichtweisen oder Impulse ergeben?
Dieser kreative Einsatz von Rollen lässt sich beliebig wiederholen und variieren. Jede Anwendung wird zu einem vertieften Rollenverständnis und höherer Flexibilität im Umgang mit Rollen führen.
3. Rollenvereinbarungen: Fallbezogen Rollen klären und verteilen
Die folgenden Fragen können in kurzer Zeit beantwortet werden und und dienen der Klärung und Rollenverteilung vor verschiedenen Arten der Zusammenarbeit. Sie eignen sich für neue Projekte, für Meetings, für Kundenanrufe. Für Kolleg*innen, die kontinuierlich zusammenarbeiten sind sie ebenso nützlich wie für einmalige Kooperationen.
Für mich persönlich sind diese Fragen aus zwei Gründen sehr wichtig:
1. Ich arbeite mit sehr verschiedenen Kooperationspartner*innen und Kolleg*innen, in sehr unterschiedlichen Konstellationen zusammen und finde es wichtig, dafür ein gemeinsames Verständnis der Rollen in der jeweiligen Zusammenarbeit zu entwickeln.
2. Oftmals habe ich die Verantwortung oder die Möglichkeit, meine Kolleg*innen in ihrer beruflichen Weiterentwicklung zu unterstützen. Dies lässt sich durch eine dazu passende, gezielte Auswahl der jeweiligen Rollen fördern.
Zu Beginn eines neuen Projektes oder vor einem Meeting, einer Präsentation oder einem Call stellt ihr euch dazu folgende Fragen:
- Wer übernimmt welche Aufgaben und Tätigkeiten?
- Welche Rolle ergibt sich daraus bzw. passt dazu?
Oder
- Wer übernimmt welche Rolle(n)?
- Welche Aufgaben, Tätigkeiten oder Schwerpunkte ordnen sich diesen Rollen zu?
Ihr könnt also bei den Aufgaben starten oder bei den Rollen. Ersteres ist vor allem dann hilfreich, wenn sich ihr gerade erst startet, in Rollen zu denken und zu kommunizieren. Später ergibt es sich dann schnell, dass ihr direkt mit den Rollen startet.
Erweitern könnt ihr dann mit folgenden Fragen:
- Was unterstützt diese Rolle? Wie unterstützen wir uns gegenseitig in den jeweiligen Rollen?
- Welche Rollen sind zusätzlich eventuell notwendig und wer übernimmt diese?
Sie werden sehen, dass diese Fragen nicht viel Zeit in Anspruch nehmen und die Zusammenarbeit spürbar beeinflussen, sie bewusster und vielfältiger machen.
Rollenverständnis entwickeln und fördern: Für mehr Zufriedenheit im Job und in der Zusammenarbeit.
Die Auseinandersetzung mit den beruflichen Rollen, durch Rollenklärung und -definition, durch kreative Zuteilung und Nutzung von Rollen und durch Absprachen zu situativen Rollenübernahmen schafft Klarheit und Flexibilität im Job und in der Zusammenarbeit im Team. Und dadurch zu mehr Zufriedenheit im Job und einer Basis für konstruktive Lösungen bei Konflikten und Herausforderungen.
Du wünschst dir Klarheit über deine berufliche Rolle und ein besseres Verständnis der verschiedenen Rollen in deinem Team? Du möchtest im Team ein gemeinsames Rollenverständnis erzeugen und die Teamrollen und damit auch die Kompetenzen im Team weiterentwickeln?
Dann haben dich die Ideen in diesem Blogartikel hoffentlich inspiriert und dir Lust gemacht, an deinem und eurem Rollenverständnis zu arbeiten.
Wenn du dir dabei Unterstützung wünschst, dann lass uns unverbindlich sprechen: Schreib mir eine E-Mail an kontakt@mohini-ramaswamy.de, nutze mein Kontaktformular oder buch dir einen Kennenlern-Termin: